Wehner wollte Brandt stärken

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1973/74: Schluss mit der üblen Nachrede!

Wikipediakorrektur Nummer 23

Kumpels vielleicht nicht – aber Weggefährten! Willy Brandt und Herbert Wehner

Der Eintrag zu Herbert Wehner auf dem Onlinelexikon „Wikipedia“ enthält zahlreiche Verzerrungen. Die Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung korrigiert eine nach der anderen.

Jetzt geht es um den Rücktritt von Willy Brandt 1974. Wikipedia bringt diesen wieder einmal in Zusammenhang mit Herbert Wehner.[1] Dem sei „die Regierungsbeteiligung der SPD wichtiger“ gewesen „als die Loyalität zu Brandt“. „Wehner soll sogar gegen Brandt mit Erich Honecker zusammengearbeitet haben, um dafür zu sorgen, ‚dass die deutsche Teilung unbegrenzt erhalten blieb‘“ – hier Egon Bahr zitierend – und so weiter. Es wird zwar auch eine Gegenposition benannt, aber die üble Nachrede bleibt eben doch hängen. Und dass diese längst ad acta gehört, also auch in der Öffentlichkeit nicht mehr zitiert werden muss, haben die Historiker Heinrich Potthoff[2], August Hermann Leugers-Scherzberg[3] und Christoph Meyer[4] seit 1996 immer wieder aus den Originalquellen unwiderlegbar klargestellt. Eine korrekte Formulierung für Wikipedia sollte zwar erwähnen, dass es diese Anwürfe gibt, aber sie nicht wiederholen, sondern besser gleich klarstellen. Streichen wir also den Guillaume/Brandt-Absatz und ersetzen wir ihn durch zwei neue:

„Verschiedene Publizisten, zuletzt noch 2013 Egon Bahr[5], haben Herbert Wehner immer wieder unterstellt, er sei für den Rücktritt Willy Brandts als Bundeskanzler verantwortlich zu machen, habe sich gar mit dem Osten gegen den ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler verbündet. Diese Vorwürfe sind überholt, seit längerem schon wissenschaftlich widerlegt.[6] Die Ergebnisse der umfassenden Quellenauswertung zusammengefasst: ‚Herbert Wehner betrieb 1973 und 1974 weder Intrige noch Kumpanei mit Honecker noch gar einem „Hochverrat“. Die schriftlichen Quellen machen den roten Faden von Wehners Ostpolitik deutlich sichtbar: Ihm ging es darum, Brandts Politik zu stärken, die innerdeutsche und Berliner Grenze so durchlässig zu machen wie es nur irgend ging und damit für menschliche Erleichterungen im geteilten Deutschland zu sorgen.‘[7]

Im Herbst 1973 sorgte die Wiedergabe von Äußerungen Herbert Wehners auf einer Delegationsreise des Deutschen Bundestages in die Sowjetunion für Irritationen im Umfeld von Bundeskanzler Willy Brandt. Vor Journalisten in Moskau hatte Wehner Klartext zu seiner Einschätzung der innerdeutschen Beziehungen gesprochen und vor einer „Belastung“ der Verträge durch den Westen gewarnt. Seinen Moskauer Gesprächspartnern machte er jedoch auch klar, dass er bei aller Kritik loyal zum Bundeskanzler stand und sich dafür einsetze, dass die Sowjets das direkte Gespräch mit Brandt – und nicht nur über Mittelsmänner wie Egon Bahr – suchen sollten. In den folgenden Monaten bemühte Wehner sich, den gesundheitlich und psychisch angeschlagenen Brandt zu stützen. Als dann im April der DDR-Spion Guillaume verhaftet wurde, versicherte Wehner Brandt seiner Loyalität bei jedweder Entscheidung des Kanzlers. Dieser entschied sich im Mai 1974 gleichwohl zum Rücktritt. Herbert Wehner setzte sich dafür ein, dass Brandt Parteivorsitzender bleibe und unterstützte fortan den neuen Bundeskanzler Helmut Schmidt.[8]

[1]             Wikipedia: Herbert Wehner, abgerufen am 11.9.2019.

[2]             Potthoff, Heinrich (1997): Bonn und Ost-Berlin 1969-1982. Dialog auf höchster Ebene und vertrauliche Kanäle. Darstellung und Dokumente (Archiv für Sozialgeschichte; Beiheft 18). Bonn: J.H.W. Dietz Nachf.

[3]             Leugers-Scherzberg, August H.: Herbert Wehner und der Rücktritt Willy Brandts am 7. Mai 1974, in: VZG 50 (2002), S. 303-322.

[4]             Meyer, Christoph (2013): Der Mythos vom Verrat. Wehners Ostpolitik und die Irrtümer von Egon Bahr, in: Deutschland Archiv Online, 19.12.2013, http://www.bpb.de/175147.

[5]             Bahr, Egon (2013): „Das musst du erzählen“. Erinnerungen an Willy Brandt, 4. Aufl. Berlin.

[6]             Vgl. u.a. Potthoff, Heinrich (1997): Bonn und Ost-Berlin 1969-1982. Dialog auf höchster Ebene und vertrauliche Kanäle. Darstellung und Dokumente (Archiv für Sozialgeschichte; Beiheft 18). Bonn: J.H.W. Dietz Nachf.; Leugers-Scherzberg, August H. (2002): Herbert Wehner und der Rücktritt Willy Brandts am 7. Mai 1974, in: VZG 50, S. 303-322; Meyer, Christoph (2006): Herbert Wehner. Biographie. 4. Aufl. München: dtv.

[7]             Meyer, Christoph (2013): Der Mythos vom Verrat. Wehners Ostpolitik und die Irrtümer von Egon Bahr, in: Deutschland Archiv Online, 19.12.2013, http://www.bpb.de/175147.

[8]             Vgl. Meyer, Christoph (2006): Herbert Wehner. Biographie. München: dtv, S. 405-425.

Fehler über Fehler!

Der Wikipedia-Eintrag zu Herbert Wehner ist mit zahllosen sachlichen sowie inhaltlichen Fehlern und Einseitigkeiten durchsetzt. Da Lamentieren nichts hilft, veröffentlicht die Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung auf ihrer Seite nach und nach Korrekturen und Einschätzungen.

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