Erklärung des SPD-Präsidiums
März 1983: Herbert Wehner scheidet aus Bundestag aus
Vor 40 Jahren, im März 1983, ist Herbert Wehner, der dem Parlament von Anfang an angehört hatte, mit 76 Jahren aus dem Deutschen Bundestag ausgeschieden. Zum zehnten Jahrestag dieses Einschnitts in die deutsche Parlamentsgeschichte hat das SPD-Präsidium am 23. März 1993 einstimmig die folgende Erklärung beschlossen:
„In dankbarer Verehrung gedenken wir Herbert Wehners
Nach fast 34ähriger Zugehörigkeit zum Bundestag ist Herbert Wehner vor zehn Jahren, im März 1983, aus dem aktiven politischen Leben ausgeschieden. Wir erinnern dankbar an seine Lebensleistung für den Aufbau und das Gelingen der Demokratie in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.
Viele Jahre war Herbert Wehner Mitglied des Vorstandes und des Präsidiums der SPD, von 1966 bis 1969 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen und danach über 13 Jahre lang Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Mit seinem entschiedenen unermüdlichen Eintreten für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Stärkung des Friedens hat er nicht nur die Politik der SPD in der Zeit der Opposition und ab 1966 in der Bundesregierung geprägt. Er hat auch maßgeblich zur Entwicklung des Systems der sozialen Gerechtigkeit und Sicherheit beigetragen, auf das sich die Demokratie stützen konnte. Gleiches gilt für die Friedenspolitik der Bundesrepublik Deutschland, in der er die Chance und die Pflicht zur Aussöhnung vor allem mit den Völkern suchte, die besonders unter dem nationalsozialistischen Deutschland gelitten hatten. An der Einheit der deutschen Nation hat er festgehalten und zugleich mit Kraft und Erfindungsreichtum dafür gesorgt, daß zahllosen einzelnen von der Teilung und ihren Folgen hart getroffenen Menschen geholfen wurde.
Nach einem Lebensabschnitt voller Härten und Schwierigkeiten hat sich Herbert Wehner vor Kriegsende vom Kommunismus gelöst. Seine eigenen bitteren Erfahrungen mit diesem totalitären Unrechtssystem haben ihn damals zum entschiedenen und kompromißlosen Gegner auch dieser Form der Diktatur werden lassen. Mit aller Kraft und unter Einsatz seiner ganzen Existenz hat er sich in seinem Kampf für Frieden und Gerechtigkeit als demokratischer Politiker erwiesen, dessen Glaubwürdigkeit schließlich allgemeine Anerkennung gefunden hat. Seine persönliche Integrität und seine Überzeugungskraft werden bis in die Gegenwart hinein von vielen Menschen als vorbildlich gerühmt.
Die von Herbert Wehner gesetzten Maßstäbe in Erinnerung zu rufen und seinem Vorbild nachzustreben, kann für demokratische Politiker nur nützlich sein.“
(HGWST-GW 071)
Den Entwurf zu dieser Erklärung haben die Bundestagsabgeordneten Jürgen Schmude und Hans-Jochen Vogel geschrieben.